Ich habe mir mal die Abhandlung von Frau Dienstbach besorgt (stichpunktartige Zusammenfassung siehe
Publikationen). Ich sehe die Argumentation, dass es keine Erschließungspflicht gem. § 44 Abs. 3 S. 3 FlurbG gibt, kritisch und würde einer Abdingbarkeit nur teilweise folgen. Ein Flurbereinigungsverfahren ist zwar privatnützig aber die Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse durch verbesserte Erschließung steht im öffentlichen Interesse (so auch Frau Dienstbach Seite 87). Wir ordnen die Grundstücke nicht nur für den aktuellen Grundstückseigentümer, sondern auch für dessen Rechtsnachfolger und für Nebenbeteiligte. Der Staat hat ein Interesse daran, dass generationsübergreifend die positiven Effekte des Flurbereinigungsverfahren erfüllt bleiben. Da Frau Dienstbach sich in der Abhandlung im Wesentlichen mit der Einziehung und Beseitigung von Wegen beschäftig, gehe ich davon aus, dass die Abdingbarkeit sich auf ausgebaute Wege beziehen soll. Deswegen auch in Rn. 68 Wingerter/Mayr das Wort "ausgebaute" fett gedruckt. Beispiel: Hat der Vorstand entschieden, dass zur Erschließung von 20 zukünftigen neuen Grundstücken ein Weg als gemeinschaftliche Anlage gebaut werden soll, könnten die Grundstückseigentümer gemeinschaftlich auf den Bau wirksam verzichten. Die Abdingbarkeit bezieht sich somit auf Erschließung von Grundstücken zur ortsüblichen Benutzung und nicht auf die rechtliche Erschließung. Es besteht somit eine rechtliche Erschließungspflicht gem. § 44 Abs. 3 S. 3 FlurbG. Dies geht m.E. auch indirekt aus Rn. 68 Wingerter/Mayr hervor, denn Dritte dürfen nicht dem Risiko eines Notwegerechtes ausgesetzt sein und im letzten Satz von Rn. 68 steht ein klares "muss" für die "Minimalvariante" Wegerecht.
Da mir zufällig gerade das Urteil vom 21.06.1979 des OVG Lüneburg (Az.: F OVG A 30/76) in die Hände fiel, bestärkt es meine Aufassung, dass Eigentümerwege keine ausreichende rechtliche Erschließung darstellen (5. Leitsatz: "Die Ausweisung eines Privatweges erfüllt grundsätzlich die erforderliche wegemäßige Erschließung einer Abfindungsfläche nicht").
Mein derzeitiges Fazit (Diskussion erwünscht):
Jedes Abfindungsgrundstück hat einen rechtlichen und tatsächlichen Erschließungsanspruch. Der rechtliche Erschließungsanspruch ist nicht abdingbar (Erschließungspflicht für die Flurbereinigungsbehörde) und kann nur durch einen straßenrechtlich gewidmeten öffentlichen Weg oder ein dinglich gesichertes uneingeschränktes Wegerecht erfüllt werden. Auf den tatsächlichen Erschließungsanspruch hinsichtlich des Ausbauzustandes kann ein Teilnehmer wirksam verzichten
An: Flurbereiniger
Da bin ich Deiner Meinung, es dürfte nicht wertgleich sein, wenn das Abfindungsgrundstück nunmehr an einem unausgebauten Weg liegt, wo nur ein Wegerecht hinführt, wenn das Einlagegrundstück an einem gut ausgebautem öFW lag. (vgl. Rn. 70ff zu § 44 Wingerter/Mayr)