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flurwege und baugebiets-straßen

Verfasst: Sa 26. Sep 2015, 11:11
von thi-flur
was geschieht mit den feldwegen eines flurbereinigungsgebietes (weinberge/äcker),
wenn darauf ein neubaugebiet geplant wird und die
öffentlichen flächen für straßen, wege ausgewiesen werden?

straßenfläche - flurwegeflächzuzuordnende fläche = ???

danke vorab

lg thi-flur

Re: flurwege und baugebiets-straßen

Verfasst: Sa 26. Sep 2015, 18:48
von Partschefeld
So richtig verstehe ich die Frage nicht.

Wenn ein Feldweg eine öffentliche Straße wird, dann ist daran erst mal nichts auszusetzen.

Re: flurwege und baugebiets-straßen

Verfasst: Fr 13. Nov 2015, 13:41
von Flurbereiniger
Ich sehe u.a. diese Möglichkeiten:

a) Die Flächen werden als "vorhandene Anlagen gleicher Art" angesehen und senken den Abzug nach § 47 FlurbG.

b) Die Flächen werden durch die Gemeinde zur Senkung des Abzuges nach § 47 FlurbG hergegeben (gleiches Ergebnis wie a))

c) Die Flächen gelten einfach als Einlage der Gemeinde, welche die Gemeinde zuvörderst für ihren Landbedarf für öffentliche Anlagen (Straßen...) verwendet.

zu a) und b): Der Abzug nach § 47 ist vor allem für den Landbedarf für die gemeinschaftlichen Anlagen (§ 39 FlurbG) da. Es kann aber hierüber auch in verhältnismäßig geringem Umfang Land für öffentliche Anlagen bereitgestellt werden (§ 40 FlurbG).

Fazit: Alte Wegeflächen werden in der Regel wieder neue Wegeflächen.

Re: flurwege und baugebiets-straßen

Verfasst: Fr 10. Jun 2016, 10:01
von Rheinhesse
Hallo,

vorhandene Feldwege, die dem flurbereinigungsrechtlichen Sonderregime unterliegen, werden den Gemeinden von der Teilnehmergemeinschaft mit Zweckbindung der Erschließung landwirtschaftlicher Flächen als gemeinschaftliche Flächen übertragen (z.B. AGFlurbG RP). M.E. bleibt das wirtschaftliche Eigentum bei den Flurbereinigungsteilnehmern im Hinblick auf wertgleiche Abfindung.

Soll die Erschließungsfunktion aufgehoben werden, ist durch Änderungssatzung gem. § 58 Abs. 4 FlurbG den Anliegern das Miteigentum an den demnächst "funktionslosen" Feldwegen einzuräumen, weil durch Landabzug im Flurbereingigungsverfahren kostenlos bereitgestellt. Ansonsten würde die wertgleiche Abfindung im Flurbereinigungsverfahren verletzt.

Nach FlurbG kann nur durch Änderungssatzung § 58 Abs. 4 die Festsetzungen des Flurbereinigungsplans geändert werden. Eine Verfügung mittels Umlegungsplan (Verwaltungsakt) nach BauGB ohne vorherigen Erlass einer Änderungssatzung nach § 58 Abs. 4 FlurbG berechtigt nicht zu einer Eintragungsverfügung im Grundbuch (zumindest kein gutgläubiger Erwerb von Straßengelände und m.E. somit nicht nach LStrG zu widmen). Auch kommen keine öffentlich-rechtlichen Verträge zur Herbeiführung von Rechtsänderungen flurbereinigungsrechtlicher Festsetzungen (Gemeindesatzungen!) in Betracht.

Es ist nicht Zweck der Flurbereinigung, entschädigungslos Flächen für öffentliche Gemeindestraßen im Rahmen der Baulandumlegung nach BauGB zur Verfügung zu stellen.

Vgl.

VG Koblenz - 11.06.2013 - AZ: VG 4 K 719/12.KO zu BVerwG vom 09.12.2015 (Az.: 9 C 28/14),

BVerwG vom 19.02.2015 (Az.: 9 CN 1/14)

OVG Koblenz 06.10.2006 8 C 10540/06.OVG

BVerwG vom 25.10.1962 (Az.: I C 212.58) Zum Begriff "Zweck der Flurbereinigung".

Richtlinien zur Bearbeitung von Umlegungsverfahren nach dem ...
http://www.lvermgeo.rlp.de/index.php?id ... id=221&did...
Umlegungsverfahren nach dem Baugesetzbuch. (Bodenordnungsrichtlinien - RiBodO) vom Dezember 2014. Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur.

Re: flurwege und baugebiets-straßen

Verfasst: Di 14. Jun 2016, 22:12
von Rheinhesse
Ergänzung:
Wird bei Ausweis eines Neubaugebiets im flurbereinigten landwirtschaftlich genutzten Außenbereich der Regelkreis des Interessenausgleichs des Flurbereinigungsverfahrens (wertgleiche Abfindung) beachtet, dann können im Rahmen des Umlegungsplans der Baulandumlegung keine zuvor durch Änderungssatzung nach § 58 Abs. 4 aus dem flurbereinigungsrechtlichem Regime in das Miteigentum der Anlieger entlassen Feldwege bei der bauleitplanenden bürgerlichen Gemeinde im Umlegungsplan nach BauGB erscheinen. Bei der Feststellung der Umlegungsbeteiligten nach BauGB sind die Feldwege anteilig durch Grundbucheintragung von Miteigentumsanteilen den Anliegern oder ergebnisgleich deren Grundstücken (§ 3 GBO) zuzuordnen.
Zum Interessenausgleich siehe auch Bayerischer VGH · Urteil vom 11. Mai 2011 · Az. 13a N 10.57.

Der Baulandumlegung muss ein wirksamer Bebauungsplan zugrunde liegen, d.h. es dürfen ihm keine flurbereinigungsrechtlichen Festsetzungen entgegenstehen. Der Wegfall der Zweckbindung der Flurbereinigungswege ist m.E. eine auflösende Bedingung für die Übertragung der durch Landabzug bereitgestellten Flurbereinigungswege an die bürgerliche Gemeinde und durch Änderungssatzung nach § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG zu regeln.

Re: flurwege und baugebiets-straßen

Verfasst: Fr 5. Aug 2016, 17:02
von Rheinhesse
OVG Koblenz 23.06.2016 1 A 10677/15.OVG:
LStrG rlp
Für den Bau und die Änderung von Gemeindestraßen ist, abgesehen von der vorerwähnten Ausnahme (angeordnete Planfeststellung für eine Gemeindestraße), eine Enteignung danach nicht zugelassen.

Re: flurwege und baugebiets-straßen

Verfasst: Fr 9. Dez 2016, 20:22
von Rheinhesse
Mit Einführung der Doppik in rlp haben die Kommunen im Anhang zur alljährlichen Bilanz anzugeben:

§ 48 Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) rlp
Anhang
(1) In den Anhang sind diejenigen Angaben aufzunehmen, die zu den einzelnen Posten der Ergebnisrechnung, der Finanzrechnung und der Bilanz vorgeschrieben sind.
(2) Im Anhang sind ferner anzugeben und zu erläutern:
....
7. alle gesetzlichen oder vertraglichen Einschränkungen zu den in der Bilanz ausgewiesenen Grundstücken sowie Gebäuden und anderen Bauten, die sich auf deren Nutzung, Verfügbarkeit oder Verwertung beziehen,
...
Vgl. auch FlurbG §§ 41, 58, 79, Grundbuchordnung § 54.

Re: flurwege und baugebiets-straßen

Verfasst: Di 20. Dez 2016, 09:33
von Rheinhesse
Nach den Haushaltsgrundsätzen in § 93 Gemeindeordnung rlp ist in Abs. 5 geregelt:
... Investitionsvorhaben oder selbständig nutzbare Teilvorhaben dürfen erst begonnen werden, wenn die Finanzierung gesichert ist.

Daraus folgt, dass für die Refinanzierung von Erschließungsanlagen dem Bebauungsplan keine flurbereinigungsrechtliche Festsetzungen in dessen Geltungsbereich entgegenstehen dürfen (vgl. BauGB, § 10, § 6, § 125)
--> VG Koblenz - 11.06.2013 - AZ: VG 4 K 719/12.KO zu BVerwG vom 09.12.2015 (Az.: 9 C 28/14)

Infsofern ist die Angabe von Verfügungsbeschränkungen u.ä. im Anhang zur doppischen Bilanz wesentlich (vgl. etwa RICHTLINIE 2013/34/EU, Artikel 6 Abs. 1 Buchst. j).

Re: flurwege und baugebiets-straßen

Verfasst: Do 15. Jun 2017, 06:59
von Rheinhesse
Ergänzung:
Aus meiner Sicht sind zur Aufrechterhaltung der wertgleichen Abfindung des Flurbereinigungsverfahrens (§ 58 FlurbG als Schutznorm - BVerwG, Urteil vom 19.02.2015 - 9 CN 1.14, ) bei geplanter Außerdienststellung von Flurbereinigungswegen im Zuge der Bauleitplanung die Flächenbeiträge nach § 47 FlurbG den Anliegern im Geltungsbereich des Bebauungsplans analog § 39 Abs. 2 Ziff. 2. Abgabenordnung anteilig zuzurechnen im Rahmen einer Änderungssatzung nach § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG, die dem Grundbuchamt vor Einreichung des Umlegungsplans nach BauGB zur Grundbuchberichtigung vorzulegen ist.

Dies ergibt sich m.E. auch aus § 24 Abs. 2 VwVfG und analog aus § 158 Absatz 2 BGB.

Re: flurwege und baugebiets-straßen

Verfasst: Do 20. Jul 2017, 17:05
von Rheinhesse
§ 41 FlurbG: (3) Der Plan (Wege-und Gewässerplan ...) ist durch die obere Flurbereinigungsbehörde festzustellen.

Die nachfolgenden gesetzlichen Vorschriften zeigen, dass sich die Planer bereits frühzeitig über Flurbereinigungsplan - notfalls via Grundbucheinsicht nach § 12 GBO auch in die Grundakte mit Flurbereinigungsplan - zu informieren haben, damit der Wirkung des B-Plans keine anderweitigen Regelgungen entgegenstehen, um ggf. eine Änderungssatzung nach § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG anzuregen unter Beachtung wertgleicher Abfindung spätestens vor Umlegungsbeschluss nach BauGB:

BauGB sieht bezüglich Hinweis Flächennutzungsplan und B-Plan vor:
§ 5 (4) 1Planungen und sonstige Nutzungsregelungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgesetzt sind, sowie nach Landesrecht denkmalgeschützte Mehrheiten von baulichen Anlagen sollen nachrichtlich übernommen werden.
§ 9 (6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

§ 70 LBauO rlp (1) Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.