Einleiten von Oberflächenwasser aus Neubaugebiet in Wegseitengraben (gemeinschftliche Anlage § 39 FlurbG)

Rheinhesse
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Einleiten von Oberflächenwasser aus Neubaugebiet in Wegseitengraben (gemeinschftliche Anlage § 39 FlurbG)

Beitrag von Rheinhesse »

Welche Verfahrensschritte nach FlurbG sind erforderlich, wenn Oberflächenwasser aus einem Neubaugebiet in ein in einem abgeschlossenen Flurbereinigungsverfahren geschaffenen künstliches Gewässer - gemeinschaftliche Anlage nach § 39 FlurbG - nach WHG eingeleitet werden sollen, abgesehen von Genehmigungen für die Gewässerbenutzung nach WHG und jeweiligem LWG?
Weitere Variante: Zusätzliche Einleitung von Oberflächenwasser einer Landesstraße = öffentlicher Zweck.

Flurbereiniger-Gast

Re: Einleiten von Oberflächenwasser aus Neubaugebiet in Wegseitengraben (gemeinschftliche Anlage § 39 FlurbG)

Beitrag von Flurbereiniger-Gast »

Hallo,
ich sehe in diesem Fall eigentlich keine Relevanz des FlurbG mehr.
Notwendig wäre wohl die Abstimmung mit dem Grundstückseigentümer/Straßenbaulastträger bzw. dem Verwalter des Wegseitengrabens.
Wichtig scheint mir außerdem die Frage, ob der Wegseitengraben bereits ein Gewässer ist oder ggf. erst durch zusätzliche Einleitung(en) ein solches wird?!
Gruß Flurbereiniger

Rheinhesse
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Re: Einleiten von Oberflächenwasser aus Neubaugebiet in Wegseitengraben (gemeinschftliche Anlage § 39 FlurbG)

Beitrag von Rheinhesse »

Hallo,
der fragliche Wegseitengraben ist im Flurbereinigungsplan als künstliches Gewässer nach LWG rlp und WHG festgesetzt.
Die gehobene Erlaubnis bzgl. Oberflächenwasser aus Neubaugebiet und Außengebiet (Landesstraße) sagt ausdrücklich:
5. Diese Genehmigung gewährt nicht das Recht zur Inanspruchnahme von Gegenständen und Grundstücken Dritter noch befreit sie von der Verpflichtung, nach sonstigen Vorschriften des öffentlichen oder privaten Rechts erforderliche Genehmigungen und Zustimmungen für den Bau und Betrieb einzuholen.

Für mich bedeutet das zunächst, dass die rechtssatzmäßige Verbindlichkeit der Festsetzungen eines Flurbereinigungsplans vorrangig ist.

Es bleibt abzuwarten, wie ein etwaiiges Normenkontrollverfahren ausgeht.

Flurbereiniger-Gast

Re: Einleiten von Oberflächenwasser aus Neubaugebiet in Wegseitengraben (gemeinschftliche Anlage § 39 FlurbG)

Beitrag von Flurbereiniger-Gast »

Also wollen Sie auf eine fortgeltende "Festsetzung im Allgemeininteresse" nach § 58 (4) FlurbG hinaus?

Wie sieht diese im konkreten Fall aus? Eine Festsetzung im FlurbPlan bedeutet zunächst nicht zwangläufig, dass diese Anlage nunmehr vollkommen unantastbar und eine zusätzliche Einleitung gänzlich unmöglich wäre.

Wer ist aktuell verantwortlich für die Anlage? Gemeinde?

Worauf zielt der etwaige Normenkontrollantrag ab? Von wem?

Rheinhesse
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Re: Einleiten von Oberflächenwasser aus Neubaugebiet in Wegseitengraben (gemeinschftliche Anlage § 39 FlurbG)

Beitrag von Rheinhesse »

Hallo Flurbereiniger-Gast,

vielen Dank für Ihr Interesse und Neugier.
Mir ist sehr wohl die § 58 FlurbG, § 39 Abs. 2 AO = wirtschaftliches Eigentum der Flurbereinigungsteilnehmer / Anlieger, sowie § 24 GemO rlp geläufig: Eine Satzung gilt solange, bis sie rechtswirksam aufgehoben oder geändert wird.

Bekanntmachung einer Satzung aus 2019 über die "Einziehung" des Wegseitengrabens liegt vor, jedoch ohne etwaiig erforderliche Abfindungsregelung - für Teilfläche am Neubaugebiet - für 1963 getätigten Landabzug (§ 47 FlurbG) und ohne Unbedenklichkeitsbescheinigung nach GrEStG (§§ 1, 2, 18 ff. GrEStG).

Im Hinblick auf die vorliegende Komplexität (u.a. B-Plan Änderungsbeschluss aus 1998 wurde bis dato nicht veröffentlicht) habe ich einen versierten Agrarrechtler aus rlp mit der Prüfung und Wahrnehmung meiner wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen beauftragt.

Flurbereiniger-Gast

Re: Einleiten von Oberflächenwasser aus Neubaugebiet in Wegseitengraben (gemeinschftliche Anlage § 39 FlurbG)

Beitrag von Flurbereiniger-Gast »

Hallo, gern. Leider bleibt die Faktenlage doch weitgehend im Dunklen. Nachgefragt wurden bereits die damaligen Festsetzungen im Flurb.plan, wer wurde als Eigentümer eingetragen, welche sonstigen Festsetzungen gab es, wer ist heutiger Eigentümer/Verwalter usw.? Wenn der Graben eingezogen wurde, ist er überhaupt noch vorhanden? Bedarf es tatsächlich einer Abfindungsregelung für Landabzüge aus einem Flurbereinigungsverfahren aus den 1960er Jahren, wer soll da wen abfinden?

Rheinhesse
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Re: Einleiten von Oberflächenwasser aus Neubaugebiet in Wegseitengraben (gemeinschftliche Anlage § 39 FlurbG)

Beitrag von Rheinhesse »

Hallo, sobald mein Rechtsanwalt Akteneinsicht genommen hat, werde ich selbst zunächst mehr wissen. Dann bleibt aber eine evtl. gerichtliche Entscheidung abzuwarten.

In rlp gilt § 2 AGFlurbG, wobei die eigentums- und nutzungsbeschränkende öffentlich-rechtliche Festsetzungen des Flurbereinigungsplans zu beachten sind: §§ 96, 903 BGB, § 2 GrEStG, § 70 BewG. Detailliert kenne ich mich derzeit noch nicht in den Vorschriften WHG und LWG rlp zur Eigenums- und Unterhaltungsfrage nicht aus, die i.Z.m. der Konzentrationswirkung der Planfeststellung nach § 41 FlurbG eingeschlossen sind. Darüber hinaus gibt nach der GemO rlp rechtlich selbständige Ortsgemeinden und den Gemeindeverband Verbandsgemeinde. Aufgabenverteilung siehe etwa § 67 und 68 GemO.

Das Zeitmoment bei Wahrung der wertgleichen Abfindung § 44 FlurbG bei einer Abfindung in Land / Geld ist m.W. gesetzlich geregelt, etwa Stichtag der Entschädigung, Deliktzins nach BGB ab Entzug der Sache.

Darüber hinaus interessant:
Etwaige - nach § 44 FlurbG unzulässige - Gewinne der Gemeinde bei der Umwandlung gemeinschaftliche Anlagen in Fiskalvermögen sind steuerbar:

EStR R 3.0 (Zu § 3 EStG)
Zu § 3 EStG
R 3.0 Steuerbefreiungen nach anderen Gesetzen, Verordnungen und Verträgen
... 2Die Befreiung erstreckt sich nicht auf die Einkommensteuer für Gewinne aus diesen Rechtsgeschäften.

Rheinhesse
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Re: Einleiten von Oberflächenwasser aus Neubaugebiet in Wegseitengraben (gemeinschftliche Anlage § 39 FlurbG)

Beitrag von Rheinhesse »

Interessant ist Urteil VG Koblenz 1 K 388/16.KO vom 18.05.2017 und Pressemitteilung OVG Koblenz Nr. 15/2018 vom 14.05.2018: Planfeststellungsbeschluss zum Bau eines Sportboothafens an der Moselschleife Zeller Hamm rechtswidrig.

Dürfte danach bei einer Planfeststellung unter Einbeziehung eines in der Flurbereinigung geschaffenen und unveränderten künstlichen Gewässers (§ 39 FlurbG) es sich nicht um einen Gewässerausbau nach § 68 WHG handeln und das flurbereinigungsrechtliche Sonderregime bis zu einer Änderung oder Aufhebung nach § 58 IV FlurbG weiterhin vorrangig sein?

Rheinhesse
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Re: Einleiten von Oberflächenwasser aus Neubaugebiet in Wegseitengraben (gemeinschftliche Anlage § 39 FlurbG)

Beitrag von Rheinhesse »

Inwieweit klärt folgendes Urteil die nachträgliche Mitnutzung eines Flurbereinigungsgrabens zur Ableitung von Oberflächenwasser aus Baugebiet und Außengebit auch i.V.m. § 71 LWG RP "Vorteilsausgleich" auch unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums *) an gemeinschaftlichen Anlagen (§ 39 FlurbG, § 39 Abs. 2 AO, § 70 BewG)

BVerwG 9 B 51.10 , Beschluss vom 29. Juli 2010
Rn 4 ... Danach kommt es entscheidend darauf an, ob die im Flurbereinigungsverfahren geschaffene Straße den gemeinschaftlichen Interessen der Teilnehmer dient, was regelmäßig dann der Fall ist, wenn sie die Feldmark erschließt oder eine Auflockerung der Ortslage bewirkt. Ist diese Voraussetzung gegeben, liegt eine gemeinschaftliche Anlage i.S.d. § 39 Abs. 1 FlurbG vor, unabhängig davon, ob es sich um eine private oder um eine der Öffentlichkeit gewidmete Straße handelt (Urteile vom 25. Oktober 1962 - BVerwG 1 C 212.58 - BVerwGE 15, 72 <76 f.> und vom 26. November 1981 - BVerwG 5 C 72.80 - BVerwGE 64, 232 <235 f.>). Daran ändert nichts, wenn die Straße als öffentliche Straße nach den landesrechtlichen Regelungen von der Gemeinde zu unterhalten ist; flurbereinigungsrechtlich ist dies nur insoweit von Belang, als dann keine Notwendigkeit besteht, Unterhaltungsregelungen im Flurbereinigungsplan zu treffen (vgl. Urteil vom 18. November 2002 - BVerwG 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <215>). Entgegen der Auffassung der Beschwerde sind gemeinschaftliche Anlagen auch nicht stets der Teilnehmergemeinschaft zu Eigentum zuzuteilen (vgl. § 42 Abs. 2 Satz 2 und 3 FlurbG).

BVerwG 9 C 1.10 , Urteil vom 13. April 2011 Rn 24

*)
BVerwG 9 C 1.18 , Urteil vom 23. Januar 2019, Rn 35
BFH, Urteil vom 20. September 1989 – X R 140/87 –, BFHE 158, 361)
Bundesfinanzhof Urt. v. 01.07.2010, Az.: IV R 7/08

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