Planvereinbarung § 99 FlurbG, §§ 44-55, Pächter geht mit?

Partschefeld
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Re: Planvereinbarung § 99 FlurbG, §§ 44-55, Pächter geht mit

Beitrag von Partschefeld »

Ich habe mir das Urteil schon durchgelesen. Es verhält sich dort so:
Der örV beinhaltet eine Landverzichtserklärung und eine Vereinbarung wie der Nachtrag zum Flurbereinigungsplan erfolgen soll. F hat zugunsten von R verzichtet. Der Verzicht wirkt sofort und R muss alle schuldrechtlichen (z.B. Pachtvertrag) und dinglichen (Leibgeding) Rechte übernehmen. D.h. ein Pächter kann weiterhin die gleiche Fläche bewirtschaften und die Berechtigten der Reallast haben weiterhin Anspruch auf das Obst usw.. Später legt dann der Flurbereinigungsplan die Abfindung fest und wie mit der Reallast verfahren wird, in diesem Fall wird die Reallast gelöscht. Erst hier werden die Rechte im Sinne der §§68ff FlurbG gewahrt. Ein Pächter darf ab dem Tage des neuen Rechtszustandes nicht mehr die Einlagegrundstücke bewirtschaften, sondern die Abfindungsgrundstücke, weil der Flurbereinigungsplan auch gegen ihn wirkt.

In Ihrem beschriebenen Fall gibt es weder eine Landverzichtserklärung noch ein Abfindungsgrundstück, es wurde lediglich vereinbart zu tauschen. Hätte es eine Landverzichtserklärung gegeben, dann hätte der Pächter weiterhin die gleiche Fläche bewirtschaften können, nur hätte er einen anderen Verpächter. Es gab lediglich eine Vereinbarung wie zu tauschen ist. Der Besitzübergang macht da eigentlich keinen Sinn, außer man sieht es so, dass die Verpächterstellung getauscht wurde. Als Verpächter taucht nunmehr der potentielle neue Eigentümer auf.
Jedenfalls sehe ich keine Handhabe dem Pächter schon jetzt das potentiell neue Grundstück in Pacht zu geben.

nekbeg
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Re: Planvereinbarung § 99 FlurbG, §§ 44-55, Pächter geht mit

Beitrag von nekbeg »

Hallo, es hat ein wenig länger gedauert mit meiner Antwort, aber meine Recherche hat sich gelohnt : Ihre Hinweise sind wichtig, treffen aber den Kern nicht, auch ist der Pächter kein Beteiligter. Im Folgenden habe ich den rechtlich korrekten Aufbau beschrieben:

a.) Die Verhandlungsniederschrift zum Flächentausch ist ein öffentlich - rechtlicher Vertrag nach § 129 FlurbG i. V. m. § 54 Abs. 2 VwVfG, der unanfechtbar ist und aus dem unmittelbar öffentlich rechtliche Wirkungen folgen, vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG (Verwaltungszwang).

Geregelt ist der örV über § 99 Abs. 1 FlurbG. Die Einigung durch örV ist der effektivste Weg zur rechtssicheren Beschleunigung des Flurbereinigungsverfahrens (Rz 1und 2 zu § 99 FlurbG und Rz 4 zu den Vorb. zu §§ 44 -55 FlurbG, Standardkommentar Wingerter, Dr. Mayr).

Nach der vorläufigen Besitzeinweisung (§ 65 FlurbG) wurde der Flurbereinigungsplan mehrfach durch Nachträge geändert. Mit Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans (§ 59 FlurbG) hat das Land Niedersachsen Widerspruch eingelegt. (§ 59 Abs. 2 FlurbG). Dem Widerspruch wurde - ebenfalls mit Verhandlungsniederschrift - stattgegeben.

Der Flächentausch ist die Abhilfe des Widerspruchs des Landes Niedersachsen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Der örV hat die vorherigen (vorläufigen) Besitzeinweisungen mit Wirkung zum vereinbarten Stichtag geändert. § 66 FlurbG (Übergang von Besitz und Nutzung) hat seine gesetzliche Wirkung entfaltet. Der Nutzungsvertrag des "Pächters" ist unabdingbar auf die Abfindungsgrundstücke übergegangen.

Der Besitz geht kraft Gesetzes, wie im Erbfall (§ 857 BGB), mit dem Stichtag ohne Besitzergreifung über. Der neue Besitz ist ein vorläufiges Surrogat der Einlage. Pächter dürfen jetzt nur noch die Ersatzflächen nutzen. Auch sonstige Rechte zum Besitz gehen auf die Abfindung über, z. B. aus Kauf oder Gebrauchsüberlassung (Rz 1 zu § 66 FlurbG).

b.) Der öffentlich - rechtliche Vertrag wurde mit den Rechteinhabern der betroffenen Grundstücke (Beteiligte) geschlossen. Nur an diese hätte sich ein Verwaltungsakt gerichtet. Beteiligter nach § 10 FlurbG kann nur sein, wer gem. den §§ 11, 12 und 13 FlurbG aufgrund eingetragener grundbuchlicher Rechte als Beteiligter ermittelt wurde oder derjenige, der gem. § 14 FlurbG derartige Rechte an den Tauschgrundstücken angemeldet hat. Siehe dazu auch § 14 Abs. 2 und 3 FlurbG. Der Pächter hat keine derartigen Rechte angemeldet.

Die Bekanntgabe der Änderungen und die Anhörung war auf die daran Beteiligten zu beschränken (§ 60 Abs. 1 Satz 3 FlurbG). Die Änderungen erfolgten in der Verhandlung mit Zustimmung der Beteiligten. Eine weitere Bekanntgabe und Anhörung war nicht mehr notwendig (Rz 9 zu § 60 FlurbG).

Eine Genehmigung der oberen FlurbBehörde gem. § 58 Abs. 2 VwVfG war nicht erforderlich (Rz 4 zu den Vorb. zu §§ 44 - 55 FlurbG).

Der öffentlich - rechtliche Vertrag hat nicht in die Rechte Dritter eingegriffen (§ 58 Abs. 1 VwVfG). Ein Pächter kann nicht in die Abfindung des Eigentümers eingreifen. Seine Rechte sind nicht schutzwürdig berührt. Sein Nutzungsrecht setzt sich an der Landabfindung des Eigentümers fort.

BayVGH vom 12.1.1995 Nr. 13A 94.520: (Der Pächter) kann aus eigenem Recht nur die Ansprüche aus § 70 Abs. 1 und Abs. 2 FlurbG geltend machen und dies nur außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens, das die vorläufige Besitzeinweisung zum Gegenstand hat."

Pächter von Grundstücken können den FlurbBeschluss nicht mit Erfolg anfechten, da durch die Anordnung der Flurbereinigung ihre rechtlichen Interessen nicht schutzwürdig berührt werden. Die Klage des Pächters ist unzulässig. Ihr Pachtrecht setzt sich an der wertgleichen Landabfindung des Eigentümers fort (Rz 2 zu § 10 FlurbG).

Bayerischer VGH, Urteil vom 11. April 2013, Az. 13 A 12.462: Zur Wirksamkeit einer Verzichtserklärung (Art. 54 BayVwVfG) ist eine Zustimmung betroffener Dritter (Belastung des Abfindungsgrundstücks mit einem Leibgeding) nicht erforderlich.

§ 68 Abs.1 FlurbG: Die Landabfindung tritt hinsichtlich der Rechte an den alten Grundstücken und der diese Grundstücke betreffenden Rechtsverhältnisse, die nicht aufgehoben werden (§ 49), an die Stelle der alten Grundstücke.

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